Ich hatte mich immer wieder gefragt, wann es endlich nach Hause gehen würde. Manchmal hatte ich Angst, ob meine Eltern mich nicht mehr wollen und mich deswegen nach Sassendorf geschickt hatten. Am Ende habe ich mich getraut, eine Schwester zu fragen, wann ich denn wieder gehen darf. Ich weiß nicht mehr genau, was sie mir gesagt hat, aber von da an ging schnell. Bald war der Tag gekommen, an den ich fast nicht mehr geglaubt hatte – der Tag meiner Heimfahrt! Nach einer kräftigen Mahlzeit wurden wir wie am Anfang untersucht: wiegen, messen, abhorchen usw. Der Arzt war nicht begeistert, aber ich durfte nach Hause. Maria hatte sich auch auf die Rückfahrt gefreut, doch sie durfte nicht mit. Trotz des ganzen Essens hatte sie abgenommen und musste noch länger bleiben Bis auf sie, kann ich mich kaum an andere Kinder erinnern.


Zum Bahnhof sind wir wieder zu Fuß gegangen, aber diesmal waren alle fröhlicher, und wir haben sogar etwas gesungen. Die Betreuerin hat uns dann am Bahnhof mit in den Zug genommen, der mich nach Hause brachte. In Dortmund holten mich meine Eltern vom Bahnhof ab. Sie erkannten mich kaum wieder und meinten ich hätte mich sehr verändert. Ob ich noch einmal zur Kur fahren möchte, weiß ich nicht.


Hintergrund: Ein durchschnittlicher Kuraufenthalt dauerte zwischen vier und sechs Wochen. Für Kinder war der lange Zeitraum der Trennung von den Eltern nur schwer zu greifen. Nach der geplanten Kurzeit erfolgte eine weitere Untersuchung, in der festgelegt wurde, ob die Kinder nach Hause entlassen werden konnten oder ob eine Kurverlängerung stattfinden sollte. Die Rückfahrt erfolgte wie die Anreise mit Bus oder Bahn. Wenige Betreuungskräfte brachten die Kinder an den Zielbahnhof, wo sie von ihren Eltern in Empfang genommen wurden. Viele Betroffene sprachen in ihren Familien nie über die Erlebnisse in der Kinderkur, andere formulierten deutlich, dass sie nie wieder würden zur Kur fahren wollen. Viele Betroffene wurden dennoch mehrmals zu Kindererholungskuren geschickt und machten dort unterschiedlichste Erfahrungen.